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„Soziale
Magersucht in einem reichen Land.“ Unter diesem Titel stand eine
Informations- und Diskussionsveranstaltung in der Stadthalle, zu
der der DGB-Kreisverband Steinfurt, der VdK-Ortsverband Rheine,
der AWO-Ortsverband Rheine und der verdi-Ortsverband Rheine
eingeladen hatten.
Bei
seiner Begrüßung machte Lothar Kurz, stellvertretender
Vorsitzender des DGB-Kreisverbandes, an einem aktuellen
Zahlenbeispiel deutlich, worum es dabei gehe. Die Stadtwerke
Rheine hätten soeben angekündigt, den Arbeitspreis für eine
Kilowattstunde Erdgas von derzeit 3,70 Cent im kommenden Monat
auf 23,63 Cent zu erhöhen, was fast eine Versiebenfachung
bedeute. Er fragte, ob dies mit dem Sozialstaatsgebot des
Grundgesetzes zu vereinbaren sei.
In
einer umfangreichen Präsentation trug Herbert Bühner
(DGB-Ortsverband Rheine) dann zunächst zentrale Kennzahlen vor,
die die Vermögens- und Einkommensverteilung in der
Bundesrepublik verdeutlichten. Hierbei sei festzustellen, so
Bühner, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich in den
letzten Jahren weiter geöffnet habe. Bemerkenswert sei in diesem
Zusammenhang vor allem die Absenkung des Rentenniveaus, die
Frauen im Durchschnitt stärker treffe als Männer.
Frage
man nach den Ursachen dieser Entwicklung, müssten insbesondere
Veränderungen des Steuersystems in der Bundesrepublik betrachtet
werden. Der Spitzensteuersatz auf Einkommen und die
Körperschaftssteuer seien in den letzten Jahrzehnten stark
gesenkt worden, der Anteil der Lohnsteuer am gesamten
Steuereinkommen nehme ständig zu.
Auch
die Besteuerung von Vermögen sei langfristig gesunken. In diesem
Zusammenhang zitierte Bühner den Präsidenten des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher: „Fakt
ist, dass kaum ein Industrieland Vermögen so gering und
Einkommen auf Arbeit so stark besteuert wie Deutschland“.
In
einem Interview, das Kurz mit Hörst Vöge, dem Landesvorsitzenden
des Sozialverbandes VdK führte, stellte dieser die Ziele und
Tätigkeitsschwerpunkte seiner Organisation dar. Der
Armutsbericht 2022 zeige, wie sich die finanzielle Lage immer
größerer Bevölkerungsgruppen verschlechtere. Dabei nehme das
Bundesland Nordrhein-Westfalen einen unrühmlichen Spitzenplatz
ein. Ihm seien Fälle bekannt, in denen Personen gegen Monatsende
nicht mehr in der Lage seien, die nötigen Medikamente zu
bezahlen.
Wichtig
sei es in nächster Zeit, durch Betreuung und Beratung allen
Betroffenen zu Angst vor der Zukunft zu nehmen. Für die
Zusammenarbeit zwischen VdK und den Gewerkschaften sehe er viele
Anknüpfungspunkte. So müsse etwa das Rentensystem auf eine neue,
tragfähige Grundlage gestellt werden.