Ein "Stolperstein" zur Erinnerung an Heinrich Roters

Am 27.10. 2005 wurde in Rheine vor dem Haus Im Winkel 13 ein "Stolperstein" zur Erinnerung an Heinrich Roters in den Bürgersteig eingelassen.


Heinrich Roters wurde am 24.10.1883 als Sohn des Webers Wilhelm Roters in Coesfeld geboren. Er nahm im Februar 1910 in der Motoren- und Fahrzeugfabrik Gebr. Windhoff in Rheine seine Arbeit auf.. Zwei Jahre später heiratete er die aus Rheine stammende Agnes Dickmänken. Beide wohnten im Haus Winkelstraße 9 (heute: Im Winkel 13).

Fünf Jahre lang war Roters bei der Deutschen Reichsbahn tätig, bis er 1924 die Leitung der Automobil-Werkstatt Hermann Straten übernahm; er legte die Meister- und Fahrlehrerprüfung ab. Im Jahre 1926 wurde ihm wegen Arbeitsmangels gekündigt. Die Stadt Rheine stellte ihn daraufhin als Kraftfahrer ein.


Seit seiner Jugend war Heinrich Roters Mitglied der Sozialdemokratischen Partei (SPD). Von 1922 an nahm er in ihr viele verschiedene Funktionen wahr:

- Im Oktober 1922 wurde er zum Revisor des Ortsvereins Rheine gewählt.
- Von 1924 bis 1933 nahm er die Funktion des stellvertretenden Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins Rheine wahr.
- Auf überörtlicher Ebene war er seit 1924 Delegierter auf dem Parteitag des SPD-Unterbezirks Münsterland, seit 1929 Mitglied des erweiterten Unterbezirksvorstandes. 1929 vertrat der seine Genossinnen und Genossen auf dem Parteitag des SPD-Bezirks Westliches Westfalen.
- Erstmals im Jahre 1924 kandidierte er in Rheine für die Stadtverordnetenversammlung. Er wurde gewählt, ebenso in den nachfolgenden Kommunalwahlen der Jahre 1927, 1929 und 1933.
- Im Jahre 1933 wurde er als Vertreter des sozialdemokratisch orientierten Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in den Betriebsrat der städtischen Betriebswerke Rheine gewählt.
- Über viele Jahre war er auch im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold aktiv und unterstützte als Kassierer die Verbreitung der sozialdemokratischen Tageszeitung "Volkswille".

Das bei der Kommunalwahl am 12.03.1933 erhaltene Mandat als Stadtverordneter konnte Heinrich Roters auf Grund der zwischenzeitlich erfolgten Machtübernahme der NSDAP jedoch nicht wahrnehmen: eine "Verordnung zur Behebung von Mißständen in der gemeindlichen Verwaltung" verbot es, dass Beschäftigte der Kommunen gleichzeitig Ratsmitglieder sein durften.
Für Heinrich Roters brachte der Machtwechsel auch persönliche Folgen. In seiner beruflichen Tätigkeit fuhr er die erste Kehrmaschine der Stadt Rheine. Als das Fahrzeug mit einem Hakenkreuz versehen wurde, weigerte sich Roters, es weiter zu fahren, weil dies gegen seine Überzeugung sei, wie er einem Vorgesetzten mitteilte. Dieser empfahl, zunächst einmal Urlaub zu nehmen, bis sich die Wogen geglättet hätten. Doch nach zwei Wochen musste er dann den Dienst quittieren und sehen, wie er sich und seine Familie durchbrachte.

In den folgenden Jahren wechselten Arbeitslosigkeit und kürzere Tätigkeiten in verschiedenen Berufen, u.a. als Vertreter für Waschmittel, einander ab.


Es gibt bis heute keine sicheren Informationen darüber, warum Heinrich Roters im September 1944 von der Gestapo verhaftet und über Hiltrup und Hamm in das Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg bei Berlin verschleppt wurde. Möglicherweise steht die Verhaftung im Zusammenhang mit dem gescheiterten Attentatsversuch vom 20.07.1944, nach dem die Nationalsozialisten viele frühere politische Gegner auch ohne konkrete Verdachsgründe inhaftierten.

Aus Sachsenhausen erreichten insgesamt sechs Briefe seine Frau und Kinder in Rheine; der erste ist vom 22.10.1944 datiert, der letzte vom 28.01.1945. Aus diesen Briefen geht hervor, dass Heinrich Roters in Sachsenhausen die Häftlingsnummer 107393 erhielt und im Block 68 untergebracht war.

Viele Jahrzente musste - weil Quellen über das weitere Schicksal von Heinrich Roters nicht bekannnt waren - davon ausgegangen werden, dass er nach dem 28.01.1945 im Konzentrationlager oder möglicherweise auch auf einem der Märsche in Richtung Ostsee, durch die die Lagerleitung angesichts der Annäherung alliierter Truppen im April das KZ räumte, umgekommen sei.


Erst seit dem Jahre 2005 ist bekannt, dass Roters am 06.02.1945 in das Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar verlegt wurde. Hier hatte er die Häftlingsnummer 28129 und war im "Kleinen Lager" untergebracht. Quellen über eine weitere Verlegung oder seinen Tod sind aus Buchenwald nicht bekannt. Es kann deshalb mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass Roters auf einem der Evakuierungsmärsche, mit denen das Lager angesichts des Näherrückens der alliierten Truppen vom 7. bis zum 10. April 1945 geräumt wurde, umkam.


Zur Erinnerung an Heinrich Roters benannte die Stadt Rheine eine von der Schleupestraße auf das Gelände der früheren Seilerei Thiemann abzweigende Stichstraße nach ihm.


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